Gemäss den voraussichtlich bis 31.12.2012 gültigen OR-Artikeln 957 ff. ist handelsrechtlich nur buchführungspflichtig, wer im Handelsregister eingetragen ist, freie Berufe somit nicht.
In der Botschaft8 zum neuen Rechnungslegungsrecht stand Ende 2007 noch in Art. 957 nOR:
1 Einzelunternehmen, Personengesellschaften und juristische Personen, die sich ins Handelsregister eintragen lassen müssen (Unternehmen), unterliegen der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen.
2 Einzelunternehmen, Vereine und Stiftungen, die nicht verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen, müssen lediglich Buch führen über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage. Die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung gelten sinngemäss.
Es wurde somit einerseits die bisherige Formulierung, wonach der Handelsregistereintrag Voraussetzung für eine vollumfängliche Buchführungspflicht sei, übernommen und mit dem Begriff Rechnungslegung ergänzend präzisiert, andererseits wurde festgehalten, dass die nicht zum Eintrag Verpflichteten ihre Unterlagen in etwa so zusammenstellen müssen, wie sie sie bereits bisher aufgrund der Vorschriften für das Ausfüllen der Einkommens- oder Mehrwertsteuerformulare benötigten.
Unter dem Motto «KMU-freundlich» hat das Parlament den Art. 957 nOR mit einer 500 000- Franken-Grenze versehen und umformuliert. Neu lautet dieser nun definitiv:9
1 Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen:
- Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die einen Umsatzerlös von mindestens 500 000 Franken im letzten Geschäftsjahr erzielt haben;
- juristische Personen.
2 Lediglich über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage müssen Buch führen:
- Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit weniger als 500 000 Franken Umsatzerlös im letzten Geschäftsjahr;
- diejenigen Vereine und Stiftungen, die nicht verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen;
- Stiftungen, die ... von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle befreit sind.
3 Für die Unternehmen nach Absatz 2 gelten die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung sinngemäss.
Ein Hinweis auf einen Handelsregistereintrag oder auf eine Ausnahme für freie Berufe fehlt, ebenso eine Unterscheidung zwischen nach kaufmännischer Art geführten und nicht nach kaufmännischer Art geführten Unternehmen. Ein Betriebsunfall oder eine bewusst gewollte Änderung der bisherigen Praxis? Liest man die Protokolle der parlamentarischen Beratung, findet sich dann und wann eine Erwähnung zum Thema Handelsregistereintrag,10 über den Begriff freie Berufe wurde nie diskutiert.
Wer in einem freien Beruf über 500 000 Franken Umsatz erzielt, ist deshalb in Zukunft nicht nur den Buchführungsnormen von Art. 957 nOR unterworfen, sondern auch den übrigen Normen, hier sind insbesondere die Rechnungslegung mit detaillierter Darstellungspflicht in der Bilanz- und Erfolgsrechnung sowie auch die Bewertungsrichtlinien zu beachten.
Wer unter 500 000 Franken Umsatz generiert, hat im Vergleich zu heute keine grossen Änderungen zu befürchten. Die bisher aufgrund von steuerrechtlichen Pflichten erstellten Aufzeichnungen müssen nun jedoch explizit den gesetzlichen Ansprüchen an die Ordnungsmässigkeit entsprechen. Ordnungsgemäss buchführen ist neu im Gesetz definiert und beinhaltet:11
- die vollständige, wahrheitsgetreue und systematische Erfassung der Geschäftsvorfälle und Sachverhalte;
- der Belegnachweis für die einzelnen Buchungsvorgänge;
- die Klarheit;
- die Zweckmässigkeit mit Blick auf die Art und Grösse des Unternehmens;
- die Nachprüfbarkeit.