Der Arbeitnehmer erfüllt seine Arbeitspflicht nicht durch Lieferung eines Arbeitsergebnisses, sondern durch Arbeitsleistung nach Zeit, also durch die Ableistung von Arbeitszeit. Der Begriff der Arbeitszeit wird weder vom Obligationenrecht (OR) noch vom Arbeitsgesetz (ArG) definiert. Hingegen findet sich in Art. 13 Abs. 1 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1) eine Begriffsumschreibung. Danach gilt als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitsgesetzes «die Zeit, während der sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat». Die spärliche Lehre zum Begriff der Arbeitszeit hat daraus geschlossen, dass zunächst als Arbeitszeit diejenige Zeit gilt, während der ein Arbeitnehmer unter der Weisungsgewalt des Arbeitgebers steht, sich also im engen Wortsinn «zur Verfügung des Arbeitgebers hält».1 Die Wendung, dass sich der Arbeitnehmer «zur Verfügung des Arbeitgebers hält», ist jedoch über die direkte Weisungsunterwerfung hinaus in einem umfassenderen Sinn zu verstehen: Jede Zeitspanne, die der Arbeitnehmer mit Willen2 des Arbeitgebers in dessen hauptsächlichem Interesse verbringt, ist Arbeitszeit, denn er hält sich und seine Zeit während dieser Zeitspanne zu dessen wirtschaftlicher Verfügung.3 Danach ist auch Zeit, die der Arbeitnehmer z.B. zu Hause mit Willen und im hauptsächlichen Interesse des Arbeitgebers, aber ausserhalb von dessen unmittelbarer Weisungsgewalt verbringt, Arbeitszeit. Bereits der zitierte Art. 13 ArGV 1 drückt aus, dass die Arbeitszeit keine örtlich oder durch die eingesetzten Betriebsmittel bestimmte Grösse ist und nicht als im Betrieb oder unter Verwendung von Betriebsmitteln des Arbeitgebers verbrachte Zeit zu definieren wäre. Die Leistung von Arbeitszeit setzt auch kein Tätigsein voraus, hält sich der Arbeitnehmer doch auch z.B. mit einem Bereitschaftsdienst oder durch untätige Präsenz im Betrieb (z.B. Nachtwache im Spital) zur Verfügung des Arbeitgebers.4
Nun ist jedoch nicht jede in teilweisem Interesse des Arbeitgebers verbrachte Zeit Arbeitszeit, vielmehr muss Zeit im hauptsächlichen Interesse des Arbeitgebers verbracht werden, damit sie zur Arbeitszeit wird. Die blosse Bereitschaft zum Abruf, bei der die Zeit in privatem Interesse genutzt werden kann, stellt dabei keine hauptsächlich im Interesse des Arbeitgebers verbrachte Zeit und damit mindestens im öffentlich-rechtlichen Sinn keine Arbeitszeit dar.5, 6
Die Qualifikation als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitsgesetzes hat vorerst nur öffentlich-rechtliche Bedeutung, also wenn es z.B. darum geht, die Einhaltung der Höchstarbeitszeitvorschriften zu kontrollieren. Ob dafür Lohn geschuldet ist, entscheiden in erster Linie die privatrechtlichen Verhältnisse, so insbesondere der Arbeitsvertrag, ein allfälliger Gesamtarbeitsvertrag und die Art. 319 ff. und 322 ff. OR.7 Dies ist zu betonen: Dass eine Tätigkeit arbeitsgesetzlich als Arbeitszeit gilt, heisst nicht, dass für diese Tätigkeit auch Lohn bezahlt werden muss. Diese finanzielle Frage richtet sich primär nach der arbeitsvertraglichen Regelung. Ein gutes Beispiel dafür ist der Pikettdienst: Das Arbeitsgesetz enthält dazu verschiedene Bestimmungen, welche unter anderem die Häufigkeit der Piketteinsätze und deren Anrechnung als Arbeitszeit regeln.8 Ob bzw. in welchem Umfang für den Pikettdienst aber Lohn geschuldet ist, überlässt das Arbeitsgesetz der Parteivereinbarung im Arbeits- oder Gesamtarbeitsvertrag.9